Sinn und Zweck
Was haben Käfer und Aethanol miteinander zu tun?
Ja, damals als der Sprit schön billig war, machte sich hierzulande niemand
wirklich Gedanken über Alternativen zu Benzin und Diesel.
Alkohol und Automobil gehörte nun mal nicht zusammen.
Angesichts der heute immens hohen Benzinpreise ändert sich das zunehmend.
Schon 1982 orakelte Markus in seinem Lied "Ich will Spass"
über Horrorpreise von Dreimarkzehn pro Liter Benzin.
Das ist heute bittere Realität.
Aethanol, sofern im Tank und nicht im Fahrer befindlich,
könnte heute eine Alternative sein.
Der Einsatz von Aethanol als Treibstoff hat sich in einigen
Ländern seit Jahrzehnten in Millionen von Fahrzeugen bewährt,
warum sollte das nicht auch in Deutschland möglich sein ??
Und siehe, es gibt diesen Sprit mittlerweile auch hier zu kaufen. Da das Ford Autohaus Kreissl in Bad Homburg, das die erste öffentliche BioEthanol Tankstelle Deutschlands eröffnet hat, quasi bei mir um die Ecke liegt, lag es nahe das ganze einmal auszuprobieren.
Informationsbeschaffung
Um nichts kaputt zu machen, erkundigte ich mich vorher erst einmal rundherum,
ob es schon Erfahrungen damit gibt und was es dabei zu beachten gilt.
Ich musste die Erfahrung machen, dass es gar nicht so einfach ist,
Käfer-spezifische Informationen zu bekommen.
Niemand weiss so richtig etwas, will es nicht wissen, oder zumindest nicht sagen.
Allgemeine Angaben bekommt man schon, so etwa Hinweise auf die hohe
Agressivität ( -> Kraftstoffanlage) und die praktisch nicht vorhandene Schmierfähigkeit ( -> Ventilsitze) dieses
Kraftstoffes. Und auf notwendige, jedoch nicht näher spezifizierte Änderungen
im Motorsteuergerät.
So etwas hat mein Käfer gar nicht.
Der Treibstoff
Was hat es also mit diesem geheimnisvollen Teibstoff auf sich? Was hierzulande verkauft wird, heisst BioEthanol oder auch E85. Dies ist ein Gemisch aus 85% Aethanol und 15% herkömmlichen Benzins. Das Benzin wird beigemischt, um einerseits die Kaltstartfähigkeit zu verbessern, andererseits, um die Branntweinsteuer zu vermeiden, die bei reinem Alkohol unweigerlich fällig gewesen wäre. E85 hat eine Oktanzahl von ca. 115 und ist damit wesentlich besser als das beste Extra-Super-Plus. Allerdings - so machte mich ein befreundeter Chemiker aufmerksam - ist der Energieinhalt von Aethanol um ein Drittel geringer als der von Benzin.
Mein brasilianischer Arbeitskollege fragte extra in seiner Heimat nach, denn dort fahren die meisten Käfer seit Jahrzehnten mit Aethanol. Gemäss seiner Auskunft gibt es in Brasilien spezielle Umrüstsätze für den Aethanolbetrieb. Hauptsächlich muss ein anderer Vergaser montiert werden. Was für einer, war leider nicht herauszubringen.
Der Versuch
Da es also bereits viele mit Aethanol betriebene Käfer gab oder gibt, beschloss ich, einen entsprechenden Versuch zu machen. Dazu wurde zunächst das herkömmliche Benzin vollständig aus dem Tank entfernt und 5 Liter BioEthanol (92 Cent/Liter) eingefüllt. Weitere Veränderungen wurden nicht vorgenommen. Alsdann ging es auf Probefahrt über wenig befahrene Strassen.
Die Erfahrungen
Der Wagen sprang zunächst willig an, denn es war ja noch reines Benzin im Vergaser.
Sobald das Bioethanol zur Verbrennung kam, fiel die Leistung ganz erheblich ab.
Geschwindigkeiten von über 80 km/h sind nicht möglich, an Steigungen
noch viel weniger. Die Leerlaufdrehzahl sinkt erheblich. Da der
Wagen keine Leerlaufdrehzahlregelung hat, geht der Motor aus. Er springt aber problemlos wieder an.
Reines BioEthanol ist somit beim Käfer ohne Veränderungen am Motor nicht einsetzbar.
Bei einem Gemisch mit BioEthanol-Anteil von 33% lässt sich das Fahrzeug
trotz geringer Leistungseinbussen sicher bewegen, die Leerlaufdrehzahl
ist normal. Ein BioEthanolanteil von 25% erschien leistungsmässig unkritisch.
Von einer Langzeiterprobung habe ich erst einmal abgesehen,
mithin kann ich keine Aussage darüber machen.
Da der Käfer keine flexible Motorsteuerung hat,
ist ein sogenannter "FlexFuel"-Betrieb
(beliebiges Mischungsverhältnis zwischen Aethanol und Benzin) nicht möglich.
Mögliche technische Änderungen
Aufgrund der zu Zeit noch sehr geringen Zahl von BioEthanol-Tankstellen in
Deutschland (ca. 20) ist der reine BioEthanolbetrieb eines Käfers nicht praktikabel.
Für den theoretischen reinen BioEthanolbetrieb des Käfers könnte ich
mir folgende Veränderungen vorstellen:
1. Grössere Vergaserhauptdüse verwenden: Höherer Kraftstoffdurchsatz gleicht
den geringeren Energieinhalt aus.
2. Zündzeitpunkt nach vorne verlagern: Ausnutzen der erheblich besseren
Klopffestigkeit des Kraftstoffes zwecks Leistungssteigerung
(die Leistungsausbeute ist ja wegen des geringeren Energiegehaltes des Kraftstoffes kleiner)
3. (alternativ zu 1.): Grösseren Vergaser verwenden: Höherer Gemischdurchsatz gleicht
den geringeren Energieinhalt aus.
Für diese Massnahmen bräuchte man einen Motorenprüfstand, denn mit solchen Experimenten kann man sich ohne geeignete Messtechnik Ruck-Zuck den Motor ruinieren.
Bei Alternative 3. erlischt möglicherweise die Allgemeine Betriebserlaubnis des Fahrzeuges,
sodass ein Spezialgutachten erforderlich wird.
Spätestens das macht die ganze Sache unwirtschaftlich.
Fazit
Reines BioEthanol ist beim Käfer ohne Veränderungen am Motor nicht einsetzbar.
Ohne technische Änderungen am Motor ist der Zusatz von bis zu 25% BioEthanol zum Benzin
leistungsmässig vertretbar.
Die speziellen Eigenschaften von BioEthanol (Aggressivität, keine Schmierfähigkeit)
können zu Schäden an Motor und Kraftstoffanlage führen, auch wenn nur ein geringer Anteil BioEthanol beigemischt wird.