...persönliche Erinnerungen an längst vergangene Tage
Eigentlich ist an dieser Schule nichts besonderes, ein Betonbau der frühen Sechziger Jahre.
Und doch will ich ein wenig aus ihr plaudern, denn diese Gebäude sind 2004 unwiederbringlich
verschwunden.
Grundsteinlegung war im Jahre 1963. Oberstedten, eine alte, aber aufstrebende Gemeinde im Obertaunuskreis
hatte gerade die frische Postleitzahl 6375 erhalten. Auf einem nahegelegenen kargen Hügel wurde ein neues
Baugebiet ausgewiesen. Die steigende Einwohnerzahl liess die alte Dorfschule (das Gebäude steht übrigens noch)
endgültig zu klein werden. Also wurde auf einem aus heutiger Sicht verschwenderisch grossen Areal
am Ortsrand eine Schule nach modernsten Gesichtspunkten gebaut.
Grosse, helle Räume in kleinen, übersichtlichen Gebäudeeinheiten und rundherum weitläufige Grünflächen,
wie sie sonst in dieser Grösse bei Schulen üblicherweise nicht anzutreffen sind.
Es gab 10 Klassenräume, davon sechs in einem zweistöckigen Flachbau, vier in einem benachbarten einstöckigen Flachbau.
Ausserdem jeweils in eigenen Gebäuden eine grosse Aula sowie einige Spezialräume für Werken etc. (später aufgrund hoher
Schülerzahlen als zusätzliche Klassenräume genutzt), einen kleinen Verwaltungstrakt und einen Bungalow für den Hausmeister.
Die Schule hatte drei Schulhöfe, davon einen nur für Mädchen. Eine eigene Turnhalle kam erst sehr viel später (die steht auch heute noch). Die ersten Jahrgänge durften
für den Sportunterricht die benachbarte Taunushalle nutzen.
Als wir 1969 eingeschult wurden, waren erst wenige Jahrgänge vor uns, es war alles noch herrlich neu und schön.
Nicht in so traurigem Zustand wie auf den Bildern, aber das ist ja auch 35 Jahre später aufgenommen.
Und wenn die gierigen Bagger schon hinter den Hecken lauern, renoviert natürlich niemand mehr.
Hier verbrachten wir also unsere vier ersten Schuljahre, zunächst bei der ältlichen Fräulein Peschel.
Sie war damals vielleicht unglaubliche 55 Jahre alt, war aber nie verheiratet und schien einem früheren Jahrhundert zu entstammen.
In der ersten Klasse unterrichtete sie alle Fächer (ausser Sport) und sollte mit ihrer kleinen roten Zieharmonika noch bei vielen Generationen von Schülern
den Sinn von Musik in Frage stellen. Aber kultig war's doch irgendwie...
Unser damaliger Schulleiter war Herr Goltermann. Spitzname Goggo (ja er war recht klein, wie die damals noch verbreiteten Goggomobile...). Der erzählte uns, dass sein Grossvater einer der Erbauer des Edersee-Staudammes war.
Das konnte ich bei einer späteren Klassenfahrt nachprüfen, da steht tatsächlich der Name Goltermann auf einer grossen
Steintafel. Könnte also stimmen. Weitere Lehrer waren Frau Philipp, Frau Phillon (ob die sich wirklich so schreibt ?!?), Frau Dick und Frau Jahr.
Der Hausmeister hiess Herr Horn. Später kam noch ein stellvertretender Rektor namens Blänkle. Die anderen Namen sind mir leider mittlerweile entfallen.
Was mir noch prägend in Erinnerung geblieben ist, waren die Orff'schen Trommeln aus dem Musikunterricht. Ebenso der alte Schulrundfunk-Empfänger, ein grosser schwerer Holzkasten von Siemens, den ich mal im Unterricht mit aufbauen durfte. Der hat mich schwer fasziniert, klang er doch noch voluminöser als Omas grosses Telefunken Röhrenradio. Sowas fehlt mir noch in meiner Radio-Sammlung.
Aus dem Sachkundeunterricht erinnere ich mich noch an den spannenden Versuch zur Oberflächenspannung:
Man nehme ein Glas Wasser und einen Hemdenknopf.
Man lege den Knopf vorsichtig auf die Wasseroberfläche.
Er schwimmt. Nach der Zugabe von Spülmittel gelingt es nicht mehr,
den Knopf zum Schwimmen zu bringen, da das Spülmittel die
Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt.
Das war ja auch keine Kunst, denn die blöde Lehrerin hatte das Spüli
mit voller Wucht auf meinen Knopf geschossen und
ihn damit zuverlässig versenkt :-((
Dann noch ein Versuch zum Elektromagnetismus mit Klingeldraht,
einem Eisennagel und einer 4,5Volt Flachbatterie. Hat auch irgendwie funktioniert.
Dann habe ich auch mal aus Fischertechnik einen Roboter gebaut.
Das war der Nachbau von Robbi aus Robbi, Tobi und das Fliewatüüt.
(Wir liebten das damals alle...)
Den durfte ich in den Unterricht mitbringen und vorführen.
Die Besonderheit daran war, dass bei Dunkelheit die Augen
anfingen zu Leuchten. Ich hatte nämlich eine Fotozelle und etwas Elektrik mit eingebaut.
Da wurden dann zur Vorführung extra die Vorhänge zugezogen.
Es hat geklappt. Au Backe ist das lange her...
Die folgenden Bilder wurden am 24. Mai 2003 aufgenommen. Da fand das letzte Schulfest in den alten Gebäuden statt.
Blick durch das Eingangstor, hier gings jeden Morgen rein...
Rechts davon (nicht im Bild) das Wohnhaus des Hausmeisters
Hauptgebäude mit sechs Klassenräumen, Haustechnik, Heizraum.
Grosser Schulhof, Toiletten
Ganz schön lang.... schöne Bäume
Rundgang um die verschiedenen Gebäudeteile, rechts eine Ecke von der Aula, links Blick auf die ehemaligen Spezialräume
Überall viel Platz und massig Grünflächen....
Blick auf den Verwaltungstrakt, im Hintergrund die höher gebaute Aula
Flachbau mit vier Klassenräumen, hier verbrachte ich das 1. und 2. Schuljahr...
weitere grosszügige Grünflächen, der überdachte Gang verband die einzelnen Gebäude miteinander
Man beachte die nachträglich mit Kunststoffrohren verkleideten Eisenträger. Zu unserer Zeit brauchte es das nicht. Wir wussten bereits, dass man da nicht mit voller Wucht gegenrennt....
Der ehemalige "Mädchenschulhof"
Das war die Aula
Blick in mein ehemaliges Klassenzimmer. Diese Schultafel war etwas ganz besonderes. Denn sie war aus mattem Glas! Die wurde früher mit einem Spezialöl abgewischt.
Sowas habe ich sonst nie wieder gesehen.
Da vorne links stand 1972 mein Roboter und leuchtete mit seinen roten Augen....
Vor diesem antiken Thermometer standen wir an so manchem Sommertag und hofften sehnsüchtig auf Hitzefrei.
Manchmal klappte das sogar....
Stilleben. Dieser Grundstein ist mittlerweile in den Abfallkübel gewandert :-((
Ach ja, bevor ich's vergesse:
Auch wenn diese Schule nur 40 Jahre alt wurde, hat hier doch eine heute sehr berühmte Persönlichkeit ihre
Grundschulzeit mit dem Lernen von Lesen, Schreiben und Rechnen verbracht:
Charlotte Link.
Ja, die grosse Schriftstellerin.
Wir waren in der selben Klasse, gingen den Schulweg häufig gemeinsam, und verbrachten einen grossen Teil unserer Kindheit zusammen, denn sie wohnte damals in direkter Nachbarschaft.
Aber das ist eine andere Geschichte.